Himmuchrigeli

Christian Studer – Verdingbub: »Im Alter von zehn Jahren wurde ich zu einer Pflegefamilie auf den Längenberg (Hügelzug über dem Gürbetal) gebracht, als willkommene Arbeitskraft und Schuhabtreter für die Familie und Nachbarn. Bis zum zwanzigsten Lebensjahr war ich im Sommer Knecht beim eigenen Vater auf der Alp.

Wichtig in meinem Buch ist, dass ich keiner einzigen Person etwas Übles nachrede, ihr Schlechtes wünsche und niemandem, den ich namentlich nenne, in irgendeiner Form nahetreten will. Im Gegenteil: Vielen bin ich dankbar, dass sie uns unter diesen schwierigen Verhältnissen immer wieder geholfen haben. Klar gab es auch viel Unschönes, aber wo gab es dies nicht? Jenen, die heute noch lachen und sich über meine Verdingkindzeit lustig machen, möchte ich mit diesem Buch aufzeigen, dass ich mich gerade trotz dieser schwierigen Zeit in keiner Art und Weise verstecken muss.«

Leseprobe

 

 

Autorin/Autor

Artikelnummer: 978-3-03883-108-2 Kategorie:

CHF 18.20

Zusätzliche Information

Größe 14 × 20 cm
Autorin/Autor

Bindung

Taschenbuch

Sprache

Deutsch

Seiten

114

Erschienen

2020

5 Bewertungen für Himmuchrigeli

  1. Stockhammer

    Lieber Herr Studer,
    heute ist „endlich“ ihr Buch in meinem Briefkasten gelandet. Es sieht nicht nur super aus, es ist handlich, kurz und bündig, ausgezeichnet zum Lesen und sich etwas in diese absolut gestörte Welt einzulassen. Ihr Konzept, die Geschichte im Takt einer erschütternden Musik, alternierend mit den Auszügen aus den Originalprotokollen der Fürsorgeämter und anschliessend ihrem persönlicher Kommentar, zu komponieren, ist überzeugend. Die Direktheit und Offenheit besticht, die Konfrontation mit diesem so düsteren Teil Schweizer Geschichte gelingt: ein grosses aufrichtes Bravo und Merci!
    In der Danksagung fand ich dann noch meinen Namen, über das ich mich sehr gefreut habe: herzlichen Dank, es erfüllt mich mit Stolz in ihrem Buch zu stehen!

    Mit herzlichen Grüssen,
    Eve Stockhammer

  2. Brigit Rene Haefeli

    Kaum zu Hause angekommen habe ich Ihr Buch gelesen und es dann an meinen Mann weitergereicht. Es tut uns wirklich sehr leid, was Sie in Ihrer Kindheit durchmachen mussten; es tut richtig weh! Auch mein Mann hatten in seinem Dorf Verdingkinder und weniger angesehene Familien, deren Kinder gehänselt wurden oder die man ausgeschlossen hat. Seine Klassenkameradinnen und -kameraden von den Bergbauernhöfen im Jura hatten keine Zeit zum Lernen, da sie auf dem Bauernhof mitarbeiten mussten. Entsprechend schlecht waren die Noten und eine Berufslehre oft nicht möglich. Da sie sich alle fünf Jahre treffen, konnte er auch beobachten, dass diese das Leben oft besser meistern als die „Studierten“ und mehr im Leben stehen und sehr liebevolle Familien haben.
    Auf dem Jakobsweg von Amsoldingen nach Freiburg sind wir an den diversen Orten vorbeigekommen, die Sie auch im Buch beschrieben haben. Dadurch wurde ihre Geschichte für uns noch lebendiger.

    Wir sind wirklich sehr dankbar, dass wir Sie und etwas aus ihrer Geschichte kennen lernen durften. Wenn man Sie live erlebt und Ihr Strahlen und ihre grosse Freude an den kleinen und wirklich wichtigen Dingen spürt, dann kann man fast nicht glauben, was da mal war …

  3. Daniel Gerber

    Über die ruhigen Weihnachtstage fand Ich endlich Zeit, Ihr Buch zu lesen. Es ist ein sehr eindrückliches, sehr wertvolles Zeugnis, gerade darum, weil es sich so strikt an die recherchierten Protokolle hält. Dadurch wird auch die zumindest schriftlich zum Ausdruck gebrachte Einschätzung der (Laien)Behörde greifbar. Zusammen mit Ihren persönlichen Ergänzungen und Einschätzungen wird greifbar, dass es auch damals und im konkreten Fall Ihrer Familie nicht einfach Schwarz und Weiss gab, dass auch gute Absichten das Handeln der Behörden und Ihres Vaters leiteten.
    Als Leser ist es mir Jedenfalls schwer gefallen, »den richtigen Weg« zu sehen und einfach so Partei zu ergreifen.
    Und Ihre persönlichen Beiträge zeigen, wie schwer die traumatischen Erlebnisse, die wiederholten Misshandlungen und Verletzungen ein Leben lang belasten – selbst das Leben eines Optimisten, wie ich Sie kennen gelernt habe.

    Das Buch hat natürlich auch viele Fragen aufgeworfen und vor allem das Interesse an der Fortsetzung Ihres Lebensberichts geweckt:
    • Wie ist es Ihnen gelungen, sich aus der Abhängigkeit Ihres Vaters zu lösen?
    • Wie sind Sie Ihren Weg gegangen, wie haben Sie es geschafft, trotz dieser Erlebnisse und Erfahrungen der Christian Studer zu werden, der Sie heute sind?

    Sie deuten einiges an im Buch, die Antworten liegen aber ausserhalb des behandelten Zeitraums. Doch ganz unabhängig davon, ob ich noch mehr erfahren könnte – ich will Sie da auch ja zu nichts drängen:
    Ich gratuliere Ihnen herzlich und spreche Ihnen meine Anerkennung und Bewunderung aus, dass Sie sich diesem Projekt gestellt und die Auseinandersetzung mit vielen sehr schweren Erinnerungen gewagt und – wie das Buch zeigt – erfolgreich gemeistert haben!
    Und uns Leserinnen und Lesern Einblick nehmen lassen – das ist sehr wertvoll.
    Vielen Dank, Herr Studer!

  4. Franz

    Lieber Chrigel,
    habe soeben Deine Lebensgeschichte fertig gelesen und bin sehr beeindruckt. Es stimmt mich immer noch traurig, was Du in Deinen jungen Jahren alles erleben musstest. Statt einer guten Schul- und Berufsbildung nachzugehen, wurdest Du von Eltern und Behörden auf das Gröbste „misshandelt“. Mit Deinen Kommentaren triffst Du mit Deiner Sprache und mit Deinen Erinnerungen den Kern der Wahrheit. Die Protokolle dazu strotzen vor behördlicher Amtssprache ohne jegliche Empathie und Emotion.
    Solltest Du eine nächste Ausgabe planen, so gib Deine Erinnerungen wider und lass das Behördengeplänkel weg oder in den Anhang. Den Leser interessiert, was Du, der Chrigel, erlebt hat. Wie er das Ganze empfunden hat. Meinen tiefen Respekt zu diesem Buch hast Du. Ganz liebe Grüsse Franz

  5. Kerstin

    Verdingkinder in der Schweiz – ein überaus wichtiges Thema, aber so weit weg für uns heute. Eines dieser Kinder war Christian Studer. Durch den Aufbau des Buches (Wechsel zwischen Originalprotokollen der Fürsorgebehörden mit persönlichen Anmerkungen) gewinnt der Text an Authentizität aber gleichzeitig fühlen wir uns dem Kind Christian sehr nahe. Die Probleme der Familie und die Ausweglosigkeit aus der schwierigen Situation sind so offensichtlich, das Verhalten der Behörden oft einfach zu langwierig und wenig hilfreich. Anstatt die Ursache der Schwierigkeiten zu bekämpfen wird viel zu lange gewartet. Es werden Leintücher und Anzüge für Kissen und Duvet abgegeben. Aber das Schlimmste ist eigentlich die Ignoranz der Behörden. So werden Entscheidungen gefällt bei deren Abstimmung sich von 10 Fürsorgepersonen 5 Mitglieder (die Hälfte!) enthalten (sie also damit zeigen, wie unwichtig das Schicksal eines Kindes für sie ist). Die anderen 5 Mitglieder fällen die Entscheidung 3 zu 2 Stimmen, also denkbar knapp. Aus heutiger Sicht ist es kaum mehr vorstellbar, wie mit diesen Kindern umgegangen ist, was sie in ihren sogenannten Pflegefamilien erdulden mussten. Daher ist es umso wichtiger, dass durch dieses Buch das Thema nicht in Vergessenheit gerät.

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